Projekt und Wettbewerbsteilnahme
THE BIOGRAPHY CHANNEL 2008
Award: Initiative des Lebens
2008 rief THE BIOGRAPHY CHANNEL erstmals zum bundesweiten Wettbewerb „bio.for life“ unter der Schirmherrschaft von Schauspieler August Zirner auf. Ziel war es, soziale Projekte und Initiativen in ganz Deutschland zu finden, die Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, aus ihrem Leben eine bestmögliche Biografie zu machen. Am Samstag, 25. Oktober 2008 wurde im Rahmen einer festlichen Veranstaltung und der Präsentation der eingereichten Projekte in der Münchner Residenz der „bio.for life“ - Award durch August Zirner an die Gewinner aus München überreicht.
Zum ersten Mal hat THE BIOGRAPHY CHANNEL Anfang 2008 zum bundesweiten Wettbewerb „bio.for life“ unter der Schirmherrschaft von Schauspieler August Zirner aufgerufen. Ziel war es, soziale Projekte und Initiativen in ganz Deutschland zu finden, die Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, aus ihrem Leben eine bestmögliche Biografie zu machen. Aus sieben Bundesländern gingen zahlreiche Bewerbungen ein. Neben der Abstimmung im Internet (20%) hat auch das Experten-Gremium des BIOGRAPHY CHANNEL als Jury mit 80 Prozent der Stimmen über die eingereichten Projekte abgestimmt. Alle eingereichten Projekte stießen auf große Zustimmung und Respekt bei der Jury, was die Wahl des Gewinners zu einer sehr schwierige Aufgabe machte, da jede Initiative auf ihre Weise einen beachtlichen Beitrag für die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen leistet und das Engagement aller Projektbeteiligten beeindruckend ist. |
The biography channel wollte in einem Interview von Robert Kraus wissen, warum der traditionelle Bogensport besonders für verhaltensauffällige Kinder und Jugendliche interessant und auch therapeutisch sinnvoll ist:
The biography channel: Hallo Herr Kraus! Zunächst: Wie sind Sie auf das Thema "therapeutisches Bogenschiessen" aufmerksam geworden?
Robert Kraus: Ich habe im Laufe meiner Arbeit als Schulsozialarbeiter (Anm. d. R.: Robert Kraus studierte Sozialpädagogik) eine Konzeption über das Bogenschiessen als Jugendförderungsansatz geschrieben. Dabei stand der psychomotorische Aspekt mit im Fokus.
Tbc: Warum und für wen eignet sich der Bogensport als Therapieansatz besonders?
RK: Prinzipiell für jeden, dem es Spaß macht, sich mit dem Bogen als Sportgerät oder Transfermedium einzulassen. Ich arbeite mittlerweile mit verhaltensauffälligen Jugendlichen mit einem Defizit im sozial-emotionalen Bereich. Da ist allein schon das "Verantwortung-Übernehmen" beim Umgang mit dem Bogen ein therapeutischer Ansatz. Bogenschiessen schult Koordination,Körpergefühl
und abgesehen vom rein körperlichen Aspekt die Konzentrationsfähigkeit. Dies ist besonders bei ADHS hilfreich. Oder zum Beispiel bei Kindern mit Problemen bei der Harndrangregulation. Bogenschiessen stärkt den Unterbauch. Außerdem ist Bogenschiessen eine Bereicherung für das eigene Selbstbewusstsein.
Tbc: Gibt es psychologische Vorteile der Bogentherapie gegenüber anderer Therapieformen?
RK: Ich persönlich möchte das Bogenschiessen an sich nicht mit anderen Therapieformen einwerten oder vergleichen. Für mich ist es aber ein sehr geeignetes Medium, um mit Jugendlichen Kontakt herzustellen, bei ihnen sozio-emotionale Barrieren aufzubrechen oder einfach nur, um ihre Verhaltensmuster durch weitere Erfahrungen zu bereichern. Motorisch gesehen bietet Bogenschiessen natürlich Variationsmöglichkeiten, wie vergleichsweise nur wenig andere Sportarten.
Tbc: Wird die Körperwahrnehmung durch Bogenschiessen nachhaltig verbessert? Kann man Bogenschiessen in diesem Sinne auch als eine Art "Ergotherapie" verstehen?
RK: Die Körperwahrnehmung wird erheblich verbessert. Allerdings habe ich nie mit einzelnen Schülern lange genug gearbeitet, um dies in einer Langzeitstudie bis ins Detail auf wissenschaftliche Weise verifizieren zu können, bzw. keine statistische Auswertung vorgenommen.
Tbc: Spielt auch die Gruppenerfahrung beim therapeutischen Bogenschiessen eine Rolle?
RK: Unter dem sozio-emotionalem Aspekt eine ganz entscheidende! Sich gegenseitig Vertrauen und Sicherheit bieten, Verantwortung beim Bogenschiessen im Gelände (Roving) oder auf dem Parcours zu übernehmen, das gemeinsame Erleben an sich, das kollektive Unterstützen und Helfen, z.B. beim Pfeilsuchen, wenn mal ein Schuss daneben ging, die Empathieförderung, wenn er nicht wieder gefunden wird, den Verlust des aufwändig selbst hergestellten Pfeils, der genau der Lieblingspfeil war, zu verkraften: Das sind sozio-kulturelle Erfahrungen, welche so unmittelbar und fundamental bei keiner anderen Sportart vorkommen.
Tbc: Hat die Bogentherapie bei Kindern und Jugendlichen auch einen pädagogischen Wert?
RK: Im schulischen Bereich nutze ich gerade diesen pädagogischen Wert, um zu den Jugendlichen eine Beziehung aufzubauen, ohne welche eine Zusammenarbeit auf der emotionalen Ebene nicht stattfinden könnte. Da ist der Bogen ein sehr wichtiges und fundamentales, weil ursprüngliches, ungekünsteltes Medium!
Tbc: Muss man bereits erste Kenntnisse und Übung im Bogenschiessen haben, wenn man therapeutisch Bogenschiessen möchte?
RK: Da ich selber kein ausgebildeter Therapeut bin, möchte ich diese Frage so beantworten: Eine gewisse Grundkenntnis ist von Vorteil, ist aber nicht zwingend notwendig. Jedenfalls sollte man auf dem neuesten ausrüstungstechnischen Stand sein, damit ein Unfallrisiko ausgeschlossen werden kann. Zudem sollte nicht nur eine sportliche Zertifizierung (z.B. Bogensportleiter des DFBV e.V.), sondern auch eine, wie auch immer geartete fundierte pädagogische Ausbildung vorhanden sein
Tbc: Ist therapeutisches Bogenschiessen eher eine reine Hallensache oder auch gut im Outdoor-Bereich zu praktizieren?
RK: Das hängt ganz vom Schwerpunkt ab. Indoor-Bogenschiessen ist sicherlich nicht leicht zugänglich aufgrund fehlender oder nicht in ausreichendem Maße vorhandenen Übungshallen. Deshalb ist für "psycho-motorische Therapieformen" das Outdoor-Bogenschiessen(3D-Parcoursschiessen oder Roving im Gelände/Wald) effektiver zu nutzen. Es bieten sich sicherlich mehr Möglichkeiten aus dem erlebnispädagogischen Erfahrungsbereich im freien Gelände.
Tbc: Was ist der größte Unterschied zwischen dem "normalen" und dem therapeutischen Bogenschiessen?
RK: Beim therapeutischen Bogenschiessen ist die Zielsetzung eine andere, weil therapeutischer Art, weshalb bestimmte Aspekte des traditionellen Bogenschiessen verstärkt genutzt werden, andere, weil rein sportliche, Wettkampf orientierte, aber in den Hintergrund treten. Dabei wird das Bogenschiessen als Therapieform benutzt, um eine Verbesserung zu erreichen – verhaltenstherapeutisch, seelisch genauso wie medizinisch. Die Anteile des "normalen" Bogenschiessens beinhalten beim therapeutisch orientierten Bogenschiessen aber genauso alle Aspekte, nur eben in abgeschwächter „alltäglicher“ Form. Bogenschiessen ist grundsätzlich z.B. nur dann ‚gesund’, wenn die Grenzen der eigenen Körperkraft und Belastbarkeit der Gelenke in ihren Grenzen bleibt. Daran besteht kein Zweifel, wenn es nicht wie jede Art der Bewegung fanatisch betrieben – damit übertrieben - wird!
Tbc: Danke für das Gespräch!
RK: Sehr gerne.
(Das Interview wurde am Rand der Preisverleihung in München zum bio-for-life-Award: Initiative des Lebens mit Herrn Kraus geführt)
The biography channel: Hallo Herr Kraus! Zunächst: Wie sind Sie auf das Thema "therapeutisches Bogenschiessen" aufmerksam geworden?
Robert Kraus: Ich habe im Laufe meiner Arbeit als Schulsozialarbeiter (Anm. d. R.: Robert Kraus studierte Sozialpädagogik) eine Konzeption über das Bogenschiessen als Jugendförderungsansatz geschrieben. Dabei stand der psychomotorische Aspekt mit im Fokus.
Tbc: Warum und für wen eignet sich der Bogensport als Therapieansatz besonders?
RK: Prinzipiell für jeden, dem es Spaß macht, sich mit dem Bogen als Sportgerät oder Transfermedium einzulassen. Ich arbeite mittlerweile mit verhaltensauffälligen Jugendlichen mit einem Defizit im sozial-emotionalen Bereich. Da ist allein schon das "Verantwortung-Übernehmen" beim Umgang mit dem Bogen ein therapeutischer Ansatz. Bogenschiessen schult Koordination,Körpergefühl
und abgesehen vom rein körperlichen Aspekt die Konzentrationsfähigkeit. Dies ist besonders bei ADHS hilfreich. Oder zum Beispiel bei Kindern mit Problemen bei der Harndrangregulation. Bogenschiessen stärkt den Unterbauch. Außerdem ist Bogenschiessen eine Bereicherung für das eigene Selbstbewusstsein.
Tbc: Gibt es psychologische Vorteile der Bogentherapie gegenüber anderer Therapieformen?
RK: Ich persönlich möchte das Bogenschiessen an sich nicht mit anderen Therapieformen einwerten oder vergleichen. Für mich ist es aber ein sehr geeignetes Medium, um mit Jugendlichen Kontakt herzustellen, bei ihnen sozio-emotionale Barrieren aufzubrechen oder einfach nur, um ihre Verhaltensmuster durch weitere Erfahrungen zu bereichern. Motorisch gesehen bietet Bogenschiessen natürlich Variationsmöglichkeiten, wie vergleichsweise nur wenig andere Sportarten.
Tbc: Wird die Körperwahrnehmung durch Bogenschiessen nachhaltig verbessert? Kann man Bogenschiessen in diesem Sinne auch als eine Art "Ergotherapie" verstehen?
RK: Die Körperwahrnehmung wird erheblich verbessert. Allerdings habe ich nie mit einzelnen Schülern lange genug gearbeitet, um dies in einer Langzeitstudie bis ins Detail auf wissenschaftliche Weise verifizieren zu können, bzw. keine statistische Auswertung vorgenommen.
Tbc: Spielt auch die Gruppenerfahrung beim therapeutischen Bogenschiessen eine Rolle?
RK: Unter dem sozio-emotionalem Aspekt eine ganz entscheidende! Sich gegenseitig Vertrauen und Sicherheit bieten, Verantwortung beim Bogenschiessen im Gelände (Roving) oder auf dem Parcours zu übernehmen, das gemeinsame Erleben an sich, das kollektive Unterstützen und Helfen, z.B. beim Pfeilsuchen, wenn mal ein Schuss daneben ging, die Empathieförderung, wenn er nicht wieder gefunden wird, den Verlust des aufwändig selbst hergestellten Pfeils, der genau der Lieblingspfeil war, zu verkraften: Das sind sozio-kulturelle Erfahrungen, welche so unmittelbar und fundamental bei keiner anderen Sportart vorkommen.
Tbc: Hat die Bogentherapie bei Kindern und Jugendlichen auch einen pädagogischen Wert?
RK: Im schulischen Bereich nutze ich gerade diesen pädagogischen Wert, um zu den Jugendlichen eine Beziehung aufzubauen, ohne welche eine Zusammenarbeit auf der emotionalen Ebene nicht stattfinden könnte. Da ist der Bogen ein sehr wichtiges und fundamentales, weil ursprüngliches, ungekünsteltes Medium!
Tbc: Muss man bereits erste Kenntnisse und Übung im Bogenschiessen haben, wenn man therapeutisch Bogenschiessen möchte?
RK: Da ich selber kein ausgebildeter Therapeut bin, möchte ich diese Frage so beantworten: Eine gewisse Grundkenntnis ist von Vorteil, ist aber nicht zwingend notwendig. Jedenfalls sollte man auf dem neuesten ausrüstungstechnischen Stand sein, damit ein Unfallrisiko ausgeschlossen werden kann. Zudem sollte nicht nur eine sportliche Zertifizierung (z.B. Bogensportleiter des DFBV e.V.), sondern auch eine, wie auch immer geartete fundierte pädagogische Ausbildung vorhanden sein
Tbc: Ist therapeutisches Bogenschiessen eher eine reine Hallensache oder auch gut im Outdoor-Bereich zu praktizieren?
RK: Das hängt ganz vom Schwerpunkt ab. Indoor-Bogenschiessen ist sicherlich nicht leicht zugänglich aufgrund fehlender oder nicht in ausreichendem Maße vorhandenen Übungshallen. Deshalb ist für "psycho-motorische Therapieformen" das Outdoor-Bogenschiessen(3D-Parcoursschiessen oder Roving im Gelände/Wald) effektiver zu nutzen. Es bieten sich sicherlich mehr Möglichkeiten aus dem erlebnispädagogischen Erfahrungsbereich im freien Gelände.
Tbc: Was ist der größte Unterschied zwischen dem "normalen" und dem therapeutischen Bogenschiessen?
RK: Beim therapeutischen Bogenschiessen ist die Zielsetzung eine andere, weil therapeutischer Art, weshalb bestimmte Aspekte des traditionellen Bogenschiessen verstärkt genutzt werden, andere, weil rein sportliche, Wettkampf orientierte, aber in den Hintergrund treten. Dabei wird das Bogenschiessen als Therapieform benutzt, um eine Verbesserung zu erreichen – verhaltenstherapeutisch, seelisch genauso wie medizinisch. Die Anteile des "normalen" Bogenschiessens beinhalten beim therapeutisch orientierten Bogenschiessen aber genauso alle Aspekte, nur eben in abgeschwächter „alltäglicher“ Form. Bogenschiessen ist grundsätzlich z.B. nur dann ‚gesund’, wenn die Grenzen der eigenen Körperkraft und Belastbarkeit der Gelenke in ihren Grenzen bleibt. Daran besteht kein Zweifel, wenn es nicht wie jede Art der Bewegung fanatisch betrieben – damit übertrieben - wird!
Tbc: Danke für das Gespräch!
RK: Sehr gerne.
(Das Interview wurde am Rand der Preisverleihung in München zum bio-for-life-Award: Initiative des Lebens mit Herrn Kraus geführt)